BIGNIK flutet erstmals ein Dorf

Post Image

Die Ostschweiz bignikt wieder – Am Sonntag, 3. Juni lädt die REGIO Appenzell AR-St.Gallen-Bodensee bereits zum fünften Mal zur jährlichen Auslegung des Kunstwerks BIGNIK der Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin ein. Das Besondere in diesem Jahr: Zum ersten Mal wird das stetig wachsende Riesenpicknicktuch um die Häuser eines Dorfes ausgelegt – im Kinderdorf in Trogen (AR). Strassen und Bäume werden integriert. Mit der Berner Gemeinde Steffisburg trägt heuer erstmals eine Gemeinde ausserhalb der Ostschweiz zum Tuchwachstum bei und näht an der BIGNIK-Vision mit. In der Ostschweiz werden weiterhin rötliche und weissliche Tücher gesammelt. Das Gemeindehaus in Trogen ist ab sofort eine Tuchsammelstelle. Damit die Auslegung auch dieses Jahr gelingt, werden rund 150 TuchlegerInnen gesucht.

Die fünfte BIGNIK-Auslegung weist ein Novum auf: Sie findet mitten in einem Dorf statt. BIGNIK ist wie eine Flüssigkeit, die sich den Weg selber sucht (vgl. Video). Alles, was vermeintlich im Weg ist, wird integriert – so werden im Kinderdorf in Trogen rund 30 Häuser, ein Fussballplatz, ca. 45 Bäume, Strassen und Wege ins BIGNIK-Tuch eingeschlossen. „Wir sind gespannt, wie das aussieht, wenn ein Dorf in Rotweiss gegossen wird“, so die Brüder Frank und Patrik Riklin vom Atelier für Sonderaufgaben. Wenn alles nach Plan läuft, findet die Auslegung am Sonntag, 3. Juni statt. Verschiebedatum ist der 10. Juni. Auch in diesem Jahr gilt: Die Wiese muss trocken und das Wetter gut sein. Informationen zur Durchführung finden sich ab dem 1. Juni auf www.bignik.ch. Es sind alle herzlich eingeladen.

Vision von über 100 Fussballfeldern bis 2043

Dank der Unterstützung unzähliger Freiwilliger wächst das Picknicktuch jährlich weiter und weist heute eine Fläche von ca. 22‘000 m2 auf, was rund 5 Fussballfeldern entspricht (5% der BIGNIK-Vision). So gross wie das Tuch heute bereits ist, so klein ist es aber noch im Hinblick auf die Vision von über 100 Fussballfeldern, was 252‘144 Tüchern und exakt der Einwohnerzahl der Region Appenzell AR-St.Gallen-Bodensee entspricht. Die Fertigstellung der Vision „Pro Einwohner ein Tuch“ ist auf 2043 geplant. Die Langzeitperformance BIGNIK verkörpert einen kontinuierlichen Sammel- und Nähprozess, der jährlich fortgesetzt wird.

BIGNIK lebt von der Partizipation

Für das Gelingen der Auslegung spielt nicht nur das Wetter eine wichtige Rolle, sondern auch viele Freiwillige sind gefragt. Rund 2700 Tuchmodule sollen ausgelegt werden. Rolf Geiger, Geschäftsleiter REGIO Appenzell AR–St.Gallen–Bodensee: „Auch das Auslegen gehört zum BIGNIK-Erlebnis dazu. Je mehr Leute uns dabei unterstützen, desto mehr Module können ausgelegt werden. Und umso grösser und eindrücklicher ist denn auch das Endergebnis. BIGNIK lebt von der Partizipation. Ein Tuch für die Bevölkerung und von der Bevölkerung. Die Herausforderung nimmt von Jahr zu Jahr zu. Rund 150 Tuchlegerinnen und Tuchleger werden für die diesjährige Auslegung noch gesucht.

Steffisburg näht an der BIGNIK-Vision

Einen besonderen Beitrag zum Tuchwachstum leistet in diesem Jahr erstmals eine Gemeinde ausserhalb der Ostschweiz. Ab Mai rattern in Steffisburg die Nähmaschinen. Die Berner Gemeinde Steffisburg verfolgt dabei ihre eigene Vision: Pro Haushalt ein Tuch. Insgesamt sollen 15‘783 Tücher vernäht werden. Wenn dies gelingt, würde sich die bestehende BIGNIK-Tuchgrösse mehr als verdreifachen, sprich rund 15% der BIGNIK-Vision erfüllen. Eine Mini-BIGNIK-Auslegung ist in Steffisburg für den Sonntag, 21. Mai angedacht. Danach fliessen die genähten Module in den Gesamtbestand von BIGNIK ein und werden im Kinderdorf in Trogen mitausgelegt. Wer am Tuchwachstum mitnähen will, der findet auf www.bignik.ch eine Nähanleitung. Der Nähprozess läuft während dem ganzen Jahr. Jeder kann mitmachen. Heimarbeit ist willkommen.

Aktuelle Tuchsammelstelle in Trogen

Damit das Tuch jährlich weiterwachsen kann, braucht es Tücher. Gesucht sind Stoffresten von Vorhängen, Bettlaken, Tischtüchern oder dergleichen. Alles was weisslich oder rötlich ist, findet Verwendung. Das Mindestmass beträgt 1,4 x 1,4 Meter. Eine Tuchsammelstelle befindet sich ab sofort bis 30. Juni während den regulären Öffnungszeiten im Gemeindehaus von Trogen. Das Atelier für Sonderaufgaben in St.Gallen ist das ganze Jahr eine Tuchsammelstelle (071 222 10 90).

Ablauf 5. BIGNIK-Auslegung

Die fünfte offizielle Auslegung des Riesentuches findet im Kinderdorf in Trogen (AR) statt. Spielt das Wetter mit, findet die Auslegung am Sonntag, 3. Juni statt. Ansonsten wird sie auf den nächstfolgenden Sonntag, 10. Juni verschoben. Informationen zur Durchführung sind ab 1. Juni auf www.bignik.ch sowie auf Facebook (BIG NIK) und Instagram (bignik_ostschweiz) zu finden. Das Tuch liegt wenige Gehminuten vom Bahnhof Trogen entfernt. Schuhe, Drohnen und Hunde sind auf dem Tuch nicht gestattet. Nicht vergessen: Picknick, Sonnenhut, Sonnenschirme, Sonnencreme und genügend zu trinken.

Ab 09:00:  Das Tuch wird mit einer Vielzahl von Tuchlegerinnen und Tuchlegern ausgelegt

Öffentliches Picknicken ist jederzeit bis 18 Uhr möglich

14:00 – 14:30:  Gezielte Helikopter-Flugbewegungen (Dokumentation des Tuches)

17:00 – 19:30:  Das Tuch wird mit einer Vielzahl von Helferinnen und Helfern zusammengelegt

19:30 – 21:00:  Grillfest mit allen, die beim Aus- und Zusammenlegen mitgeholfen haben

Wichtig: Für das Auslegungsmanöver sowie das Zusammenlegen am Abend werden 150 Tuchlegerinnen und Tuchleger gesucht. Interessierte können sich direkt auf www.bignik.ch/helfer oder 071 222 10 90 melden.

Was ist BIGNIK?

Die REGIO Appenzell AR-St.Gallen-Bodensee hat BIGNIK der Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin im Rahmen von „Region als Bühne“ initiiert und beschreitet mit dem wachsenden Kunstwerk bewusst einen anderen Weg, um die Identität und Wahrnehmung der Region zwischen Säntis und Bodensee zu prägen. Sie setzt dabei bei all jenen an, die in der Region leben und arbeiten – der Bevölkerung. Pro Einwohner ein Tuch: „Gemeinsam ein riesiges Picknick-Tuch für die ganze Bevölkerung erschaffen, das so gross ist wie 100 Fussballfelder, bestehend aus 252‘144 Tüchern, exakt so viele wie die Einwohnerzahl der Region.“ So lautet seit sechs Jahren die Vision der Riklin-Brüder vom St.Galler Atelier für Sonderaufgaben, welche die Idee und das Konzept zum BIGNIK-Projekt hatten. BIGNIK ist kein Event im herkömmlichen Sinne. Es ist eine künstlerische Intervention, die aus den lokal vorhandenen Ressourcen des „Textilland Ostschweiz“ schöpft, und an der breite Teile der Bevölkerung massgeblich beteiligt sind. BIGNIK ist der Versuch, eine einzigartige gemeinschaftliche Tradition für die Region zu schaffen. Eine Plattform für Begegnungen und Geschichten. Bis jetzt sind über tausend Menschen am Entstehungsprozess beteiligt. BIGNIK braucht Jahr für Jahr mehr Strategie, Logistik und Menschen, die an der Vision „Pro Einwohner ein Tuch“ mithelfen. Sie sammeln, unterstützen, nähen seit Monaten – und tragen so die Projekt-Vision weiter. Ziel ist es, dass BIGNIK jährlich weiterwächst und jeweils im Frühsommer öffentlich zum Picknick eingeladen wird. Die Fertigstellung und Erfüllung der BIGNIK-Vision wird voraussichtlich bis 2043 erfolgen.

Blick unter das Tuch (Statement aus der Vogelperspektive)

«Das Vorhaben ist für Konzeptkunst eher untypisch langfristig angelegt: Bis 2027 sollen rund 50% des Tuches genäht sein, das Endergebnis wird auf 2043 erwartet. Der Umstand, dass dann wohl alle Auftraggeber, Sponsoren und Gönner des Projekts schon lange in Pension gegangen sein werden, verleiht dem Vorhaben eine unglaubliche Kraft. Seine Dauer, die Unnachgiebigkeit und der Durchsetzungswille über rund 30 Jahre setzen einen erfrischenden Kontrapunkt zur sonstigen schnelllebigen, performance-orientierten Kunsterzeugung. Die zeitlichen, vielleicht auch die finanziellen Grenzen, die mit diesem Projekt gesprengt werden, verwehren sich des Zugriffs anderer Logik als jener, dem Werk und seiner Idee in aller und letzter Konsequenz verpflichtet zu sein. Das ist unangenehm aber konsequent; das ist wirkungsorientiert, ohne nach Gefälligkeit zu trachten. Hier wird, trotz der Einfachheit der Idee, in aller Überdimensionalität dem Scheitern eine echte Chance gegeben. Doch selbst das Scheitern könnte letztlich dem Projekt, als Teil eines offenen Prozesses, durchaus eine gute Wende geben. Denn wie sonst wenige Projekte ist dieses nicht auf Ziel und Ergebnis, sondern auf den Prozess selbst konzentriert. Was bekommt die Gesellschaft aus einem solchen, vielleicht nie vollendbaren Vorhaben: Den Mut, auch Unvollendbares mit grosser Akribie und Konzentration anzugehen, die Poesie, Teil einer Utopie in ihrer besten Ausprägung gewesen zu sein, authentische Leidenschaft und Leidensbereitschaft, starke Bilder und Geschichten, einen neuen Blick auf Relevanz zwischen Verwertbarkeit und Absurdität und sicher und ein paar Männer, die nähen lernen. Wenn das nichts ist.»

(Sebastian Wörwag, aus dem Buch „Das Neue“, 2015)